Bilanztraining - Bilanzen sicher im Griff
von: Stefan Müller, Inge Wulf
Haufe Verlag, 2009
ISBN: 9783448085259
Sprache: Deutsch
409 Seiten, Download: 2018 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
3 Grundlegende Ansatzvorschriften (S. 83-84)
3.1 Allgemeine Ansatzregelungen
Gem. § 246 Abs. 1 HGB hat der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten […] zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Vollständigkeitsgebot). Das Vollständigkeitsgebot bezieht sich nur auf bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände und Schulden, für die kein Ansatzwahlrecht oder -verbot besteht. Es erstreckt sich somit lediglich auf alle zum Betriebsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände und Schulden. Vermögensgegenstände und Schulden des Privatvermögens dürfen nicht angesetzt werden. In § 246 Abs. 1 S. 2 HGB wird die Zurechnung bislang unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Zugehörigkeit ausdrücklich für den Erwerb unter Eigentumsvorbehalt, die Verpfändung und die Sicherungsübereignung hervorgehoben. „Vermögensgegenstände, die unter Eigentumsvorbehalt erworben oder an Dritte für eigene oder fremde Verbindlichkeiten verpfändet oder in anderer Weise als Sicherheit übertragen worden sind, sind in die Bilanz des Sicherungsgebers aufzunehmen. In die Bilanz des Sicherungsnehmers sind sie nur aufzunehmen, wenn es sich um Bareinlagen handelt.“
Ferner ist das Verrechnungsverbot zu beachten. Posten der Aktivseite dürfen bislang nicht mit Posten der Passivseite und Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden (§ 246 Abs. 2 HGB). Grundsätzlich ist jeder Posten einzeln in der Bilanz zu erfassen. Eine Verrechnung ist nur zulässig, wenn z. B. gegenüber derselben Person eine Forderung und eine Verbindlichkeit besteht, die bis zum Bilanzstichtag durch Aufrechnung getilgt werden können.
Mit dem BilMoG wird § 246 Abs. 1 u. 2 HGB völlig neu gefasst. Demnach wird die wirtschaftliche Zugehörigkeit weiter ausgebaut und nur durch ausdrückliche gesetzliche Konkretisierungen eingeschränkt. In Abs. 2 wird bestimmt, dass Vermögensgegenstände, die ausschließlich der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbaren langfristigen Verpflichtungen dienen, die gegenüber Arbeitnehmern eingegangen wurden, nicht auf der Aktivseite der Bilanz anzusetzen, sondern mit den entsprechenden Schulden zu verrechnen sind. Dabei sollen Vermögensgegenstände als solche klassifiziert werden, wenn sie dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und nur zur Erfüllung der Schulden verwertet werden können. Hiermit wird insbesondere eine saldierte Darstellung von Pensionsvermögen und Pensionsverpflichtungen bezweckt, wie sie auch in internationalen Rechnungslegungssystemen (z. B. IAS 19) üblich ist.
Aus dem Grundsatz der Periodenabgrenzung resultiert das Ansatzgebot für aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten. Handelsrechtlich gibt es keine konkrete Definition von Vermögensgegenständen und Schulden (unbestimmter Rechtsbegriff). Aus nicht kodifizierten GoB wurden Definitionskriterien für Vermögensgegenstände bzw. Schulden abgeleitet. So ist festgelegt, was in der Bilanz prinzipiell unter den Aktiva bzw. Passiva angesetzt werden muss bzw. darf. Hieraus leiten sich die Aktivierungs- und Passivierungsgebote ab.