Aristoteles

Aristoteles

von: Otfried Höffe

C.H.Beck, 2006

ISBN: 9783406541254

Sprache: Deutsch

329 Seiten, Download: 1146 KB

 
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Aristoteles



I. „Der Philosoph"? (S. 13)

1. Person und WerkPantes anthrôpoi tou eidenai oregontai physei: Alle Menschen streben nach Wissen von Natur aus. Der Einleitungssatz zu einem der berühmtesten Bücher des Abendlandes, Aristoteles’ Metaphysik, spricht unmittelbar über den Menschen und sein Wissen, mittelbar auch über den Verfasser. In dem Maße, wie der anthropologische Anspruch, die natürliche Wißbegier, zutrifft, ist Aristoteles nicht bloß ein außergewöhnlicher Denker, sondern zugleich ein großer Mensch.

1.1 Die Person

Erstaunlicherweise kennen wir die Persönlichkeit und den Lebensweg nur in großen Zügen. Die dürftigen Dokumente bestehen aus dem Testament, verschiedenen Briefen und Gedichten sowie Ehrendekreten von Stageira, Delphi und Athen. Auf die antiken Lebensbeschreibungen ist dagegen nur begrenzt Verlaß. Erst Generationen später verfaßt, verfolgen sie bald aristotelesfreundliche, bald aristotelesfeindliche Tendenzen.

Der bekannteste Text, aus Diogenes Laërtios’ Leben und Meinungen berühmter Philosophen (um 220 n. Chr., Kap. V 1), mischt Tatsachen mit nicht immer wohlwollenden Erdichtungen (vgl. Düring 1957), zur Person heißt es: „Er stieß beim Sprechen mit der Zunge etwas an, auch war er schwach auf den Beinen und kleinäugig, er kleidete sich aber stattlich und ließ es an Fingerringen und Haarpflege nicht fehlen."

Daß Aristoteles tatsächlich einen Zug ins Dandyhafte hatte, läßt sich nicht bestätigen, folgendes ist aber weitgehend gesichert: Sein Leben fällt in die Zeit, in der die Gesellschaftsform vieler Griechen, die freie Stadtrepublik, ihre Freiheit verliert. Aristote- les erlebt die Niederlage, die Philipp II. den Athenern und Thebanern bei Chaironeia (338 v. Chr.) beibringt. Auch ist er Zeitgenosse von Philipps Sohn, Alexander dem Großen.

Die Jahre hingegen, in denen Athen seine politische Vorherrschaft mit einer kulturellen Hochblüte verbindet, in denen Künstler wie Iktinos und Pheidias die Bauten der Akropolis schaffen, in denen Sophokles seine Tragödien, zum Beispiel Antigone und König Ödipus, dichtet und Philosophen wie Anaxagoras und Protagoras in Athen wirken, das Perikleische Zeitalter (443–429), liegen schon lange zurück.

Geboren wird Aristoteles 384 v. Chr. in Stageira (Starro), einer kleinen Stadtrepublik im Nordosten Griechenlands. Nicht wie Platon ein Sproß der athenischen Hocharistokratie, nicht einmal Bürger, wird er in Athen Metöke (Beisasse) sein: ein Ausländer mit „Niederlassungsbewilligung", aber ohne politische Rechte. Irgendwer ist er freilich nicht. Als Mitglied einer angesehenen Familie – sein Vater Nikomachos ist Leibarzt am makedonischen Königshof –, erfährt Aristoteles eine hervorragende Ausbildung, die nach dem frühen Tod des Vaters von einem Vormund betreut wird.

Vielleicht aufgrund von Spannungen am Königshof geht Aristoteles im Jahr 367, im Alter von 17 Jahren, nach Athen, dem Zentrum der griechischen Kultur, um bei Platon zu studieren. Dessen Schule, die Akademie, ist weit mehr als bloß ein öffentliches „Gymnasium", sie ist das intellektuelle Mekka für die Wissenschaftler und Philosophen jener Zeit, ein internationaler Treffpunkt und das bis heute kaum je wieder erreichte Vorbild für die Einheit von Lehre und Forschung.

Während zwanzig Jahren, dem „ersten Athen-Aufenthalt" (367–347), macht sich Aristoteles mit den Problemen vertraut, die wir aus Platons Dialogen, einschließlich den späten Dialogen, kennen. Außerdem studiert er bei Mitgliedern der Akademie, etwa Speusipp, Xenokrates und Eudoxos von Knidos.

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