Leistungsängste - Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Angst- und Zwangsstörungen (THAZ) - Band 1

Leistungsängste - Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Angst- und Zwangsstörungen (THAZ) - Band 1

von: Lydia Suhr-Dachs, Manfred Döpfner

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2015

ISBN: 9783840926952

Sprache: Deutsch

207 Seiten, Download: 3381 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Leistungsängste - Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Angst- und Zwangsstörungen (THAZ) - Band 1



Kapitel 4 Kooperation mit dem Lehrer und Interventionen in der Schule (S. 107-108)

Im vorliegenden Manual wird ein kind- und elternzentrierter Ansatz zur Behandlung von Leistungsängsten bei Kindern und Jugendlichen beschrieben. Das Behandlungsprogramm erwies sich in einer explorativ angelegten Studie als effektiv und praktikabel (Suhr, 2001; vgl. auch Kapitel 1.4). Das individuenzentrierte Therapieprogramm erfährt im vorliegenden Kapitel eine konzeptionelle Erweiterung, indem die pädagogische Seite (Lehrer-Schüler-Interaktion, Gestaltung von Unterricht und Leistungssituationen) hinsichtlich ihrer Relevanz für die Entstehung, Prävention und Behandlung von Leistungsängsten ergänzt wird. Rost und Schermer (1998) benennen sieben Bündel an Faktoren im pädagogischen Umfeld, die Leistungsangst begründen können (vgl. Abbildung 22).

• Lehrerverhalten: Wie zum Beispiel autoritäres Verhalten, Zuwendungsentzug, Tadel und Spott, Demütigung.
• Inhalt und Vermittlung des Lernstoffs: Wie z. B. komplizierte und sprachlich unverständliche Informationsvermittlung, verwirrende Strukturierung.
• Schulbezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten: Überforderung und Überbeanspruchung von Intelligenz und Begabung des Schülers, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme.
• Schulleistungsbewertung: Wie z. B. strenge Zensuren und scharfe Auslese, Bewertung der Person statt der Leistung.
• Gestaltung von Prüfungssituationen: Wie z. B. Ungewissheit über die Prüfungsanforderungen, hoher Zeitdruck, Verwendung unfairer Aufgaben.
• Schüler-Schüler-Verhältnis: Wie z. B. Rivalität und Konkurrenz, Hänseleien und Spott, mangelnde Kooperation und Unterstützung.
• Verhalten und Einstellungen der Eltern: Wie z. B. leistungsabhängige Zuwendung, elterliches Desinteresse an Schule und Unterricht, Ablehnung von Lehrern und Lernmethoden.

Für die Faktoren schulbezogene Fähigkeiten/Fertigkeiten und Verhalten/Einstellungen der Eltern wurden in den vorherigen Kapiteln diagnostische und therapeutische Methoden vorgestellt. Zu den übrigen Faktoren (v.a. Lehrer und Unterricht) sollen im Folgenden Möglichkeiten beschrieben werden, wie der Leistungsangst von pädagogischer Seite präventiv und therapeutisch begegnet werden kann (vgl. Abbildung 23). Realistischerweise muss den Empfehlungen die Einschränkung vorausgeschickt werden, dass im Rahmen einer individuellen Psychotherapie des Kindes/Jugendlichen in der Regel begrenzte Möglichkeiten bestehen, pädagogische Gegebenheiten, die größtenteils ihren Ursprung in grundlegenden strukturellen Bedingungen des Schulsystems haben, zu beeinflussen. Der Therapeut des Kindes/Jugendlichen wird im Rahmen der individuellen Therapie die pädagogische Seite als Mikrosystem hinsichtlich auslösender und aufrechterhaltender Faktoren der Leistungsangst analysieren müssen, da therapeutische Veränderungen nur in kleinerem Rahmen möglich und realisierbar sind.

Um die Kompatibilität mit dem vorliegenden Manual zu gewährleisten, wird das multidimensionale Konzept der Behandlung der Leistungsangst (Emotionen/Physiologie, Kognition und Verhalten) für die pädagogische Seite übernommen. Für die Therapie des leistungsängstlichen Kindes/ Jugendlichen ist die regelmäßige Kommunikation zwischen Lehrer-Schüler, Elternhaus-Lehrer und Therapeut-Lehrer förderlich. Die Kontaktaufnahme zum Lehrer sollte bereits in der diagnostischen Phase beginnen, um weitergehende Informationen über die Symptomatik zu erhalten. In Abhängigkeit von der Verankerung der Leistungsangst im schulischen Kontext kann der diagnostische Kontakt zwischen Therapeut und Lehrer in eine therapeutische Kooperation münden, z. B. in Form einer kotherapeutischen Einbindung des Lehrers bei der Exposition mit mündlichen Leistungssituationen oder bei der Verfestigung bestimmter eines günstigen Lernverhaltens. Der Einstieg in das Arbeitsbündnis zwischen Therapeut und Lehrer besteht jedoch oftmals darin, das Bewusststein des Lehrers für das emotionale Problem des Kindes/Jugendlichen zu fördern, da leistungsängstliche Schüler in der Regel nicht unangenehm auffallen. Allenfalls mangelnde mündliche Mitarbeit oder Leistungsprobleme lenken die Aufmerksamkeit des Lehrers auf den leistungsängstlichen Schüler, der in der Regel den Schulbesuch (noch) nicht vermeidet.

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