Pathologisches Horten

Pathologisches Horten

von: Anne Katrin Külz, Ulrich Voderholzer

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2018

ISBN: 9783840927850

Sprache: Deutsch

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Pathologisches Horten



1 Beschreibung der Störung (S. 1)

Pathologisches Horten ist eine relativ häufige psychische Erkrankung, die eine große Belastung für Betroffene und ihre Familien darstellt. Viele Therapeuten erleben in ihrem klinischen Alltag immer wieder Patienten, die in überfüllten Wohnungen leben und große Schwierigkeiten mit dem Wegwerfen von Gegenständen haben. Manchmal tritt die Symptomatik rein zufällig, z. B. bei der Durchführung häuslicher Expositionsübungen im Rahmen einer Zwangserkrankung, ans Tageslicht. Andere Patienten erwähnen ihre Neigung zum Sammeln und Horten ganz „nebenbei“ im Laufe der Therapie. Häufiger sind es Angehörige, gelegentlich die Betroffenen selbst, die sich hilfesuchend an klinische Ambulanzen und niedergelassene Therapeuten wenden, um das Horten in den Griff zu bekommen.

Bis in die 1990er Jahre hinein war pathologisches Horten eine nahezu unerforschte Erkrankung. Lange Zeit fasste man die Symptomatik schlicht als eine Subgruppe der Zwangserkrankung auf, bevor sich Hinweise darauf verdichteten, dass pathologisches Horten ein eigenständiges Störungsbild mit ganz spezifischen Merkmalen darstellt (auf die Abgrenzung zur Zwangsstörung wird in Kapitel 1.5.2 genauer eingegangen). Auch wenn man inzwischen weiß, dass Patienten mit dieser Erkrankung weniger gut auf kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition ansprechen als Betroffene mit anderen Zwängen, existieren störungsspezifische Manuale für pathologisches Horten bislang nur für den englischen Sprachraum (Steketee & Frost, 2014). Dabei sind wirksame Behandlungsmöglichkeiten von hoher praktischer Bedeutung, da das Störungsbild nach heutigen Schätzungen fast jeden zwanzigsten Menschen in Deutschland trifft, zumeist mit einer massiven Beeinträchtigung für Betroffene und deren Umfeld einhergeht und gleichzeitig mit störungsspezifischen Ansätzen effektiv therapierbar ist (Williams & Viscusi, 2016).

Zunächst stellen Sammeln und Horten von Dingen jedoch durchaus gesunde menschliche Züge mit Überlebensvorteil da. So sind das Sammeln und Lagern von Nahrung oder Materialien wie Brennholz archaische Verhaltensweisen, die vermutlich in Urzeiten von essenzieller Bedeutung waren. Es wäre daher nachvollziehbar, wenn das Anhäufen und Aufbewahren von Dingen auch heute bei Ängstlichkeit und Unsicherheit eine evolutionäre Funktion hat. Vermutlich finden sich neben den schweren Formen des Hortens auch viele leichtere Ausprägungen, die im Alltag nur geringen Leidensdruck bei Betroffenen und Angehörigen auslösen.

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