Psychologie der internen Organisationskommunikation

Psychologie der internen Organisationskommunikation

von: Michaela Maier, Frank M. Schneider, Andrea Retzbach

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2012

ISBN: 9783840923593

Sprache: Deutsch

272 Seiten, Download: 4638 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Psychologie der internen Organisationskommunikation



1. Aus dem Blickwinkel von PR wird interne Kommunikation mitunter als interne PR oder innerbetriebliche Öffentlichkeitsarbeit bezeichnet. Im Englischen wird häufig der Begriff Internal Relations verwendet. Der Fokus liegt hierbei auf den Mitarbeitern als einer Zielgruppe, die neben externen Zielgruppen, wie z. B. Aktionären oder Kunden, mit Informationen versorgt wird. PR und Öffentlichkeitsarbeit sind in Organisationen meistens in eigenen Presseoder Kommunikationsabteilungen auf der Ebene der Organisationsführung verortet.
2. Eine ähnliche Perspektive ist in der betriebswissenschaftlichen Literatur wiederzufinden. Auch hier werden Begriffe wie internes Marketing oder interne Werbung verwendet. Dabei werden die Mitarbeiter als „Kunden“ betrachtet. Aus ManagementSicht ist der Top-down-Informationsfluss von besonderer Bedeutung. Interne Kommunikation wird unter diesem Aspekt auf Mitarbeiterinformation reduziert und überwiegend strategisch eingesetzt (Winterstein, 1998, S.21ff.). In der Unternehmensführung und in Marketingabteilungen sind diese Auffassungen von interner Kommunikation besonders häufig anzutreffen.
3. Beide Sichtweisen werden ergänzt durch eine mitarbeiterorientierte Perspektive (Human Relations, vgl. Kapitel 2 und Kapitel 10). Mitarbeiter werden als Human Resources (auch: Humankapital) betrachtet. Sie tragen wesentlich zum Organisationserfolg bei, wenn sie entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt und gefördert werden. Ein wichtiger Faktor ist dabei auch die Mitarbeiterkommunikation, die sowohl Mitarbeiterinformation (top-down) als auch z. B. Mitarbeitergespräche (bidirektional) miteinschließt. Da aus einer Human Relations-Perspektive die kommunikativen Beziehungen der Mitarbeiter untereinander eine wichtige Rolle spielen, wird auch die horizontale Kommunikation berücksichtigt. Interne Kommunikation wird in diesem Kontext als Synonym für Mitarbeiterkommunikation verwendet. Insbesondere in Bereichen des Personalwesens (Human Resource Management; z.B. Personalentwicklung und -verwaltung) wird diese Sichtweise geteilt. Auch im Arbeitsrecht finden sich Bezüge zur mitarbeiterorientierten Perspektive wieder (vgl. Kapitel 11).

Aus allen drei Bereichen liegen Definitionen interner Organisationskommunikation vor, die den spezifischen Fokus repräsentieren, der im jeweiligen Bereich vorherrscht. Um wichtige Aspekte aus allen drei Bereichen aufzugreifen und durch weitere zu ergänzen, stellen wir im Folgenden eine eigene Arbeitsdefinition interner Organisationskommunikation vor.

Definition: Interne Organisationskommunikation

Der Begriff Interne Organisationskommunikation setzt sich im Wesentlichen aus den Aspekten Organisation und Kommunikation zusammen. Doch was sind eigentlich Organisationen und was ist Kommunikation? Organisationen sind „soziale Gebilde, die dauerhaft ein Ziel verfolgen und eine formale Struktur aufweisen, mit deren Hilfe die Aktivitäten der Mitglieder auf das verfolgte Ziel ausgerichtet werden sollen“ (Kieser & Walgenbach, 2003, S. 6). Die Aktivitäten der Mitglieder sind in den Mitgliedschaftsbedingungen geregelt und werden als Ressourcen verstanden, die zur Erreichung eines bestimmten Zwecks von den Individuen erbracht und einer Leitung unterstellt werden. Organisationen können demnach als Ressourcenpools betrachtet werden (vgl. Coleman, 1974; Kieser & Walgenbach, 2003). Die Mitgliedschaftsbedingungen sind dabei durch vertragliche Regelungen gekennzeichnet, die nicht alle Lebensbereiche, sondern nur eng umgrenzte Leistungsanforderungen umfassen. Ein Staat oder eine Familie sind dieser Definition nach keine Organisationen, da sie in allen Lebensbereichen relevant sind (vgl. Scholl, 2007). Ist das Ziel einer Organisation gewinnorientiert, handelt es sich um ein privatwirtschaftliches (z.B. Autohersteller, Pharmakonzerne) oder öffentliches Unternehmen (z.B. Deutsche Bahn, Stadtwerke). Nicht gewinnorientierte Organisationen können privater (z. B. Stiftungen, Vereine, Verbände) oder öffentlicher (z. B. öffentliche Schulen, Ministerien) Natur sein (vgl. Maier, 2007, S. 230–232). Menschliche Kommunikation umfasst sämtliche Prozesse zwischen zwei oder mehreren Beteiligten, an denen diese als Sender (Kommunikator) und/oder als Empfänger (Rezipient) beteiligt sind und durch nonverbale (z. B. Mimik, Gestik), paraverbale (z. B. Betonung, Sprechgeschwindigkeit) oder verbale (z. B. Schrift, Sprache) Zeichen direkt (face-to-face) oder mithilfe von Medien miteinander in Beziehung treten (vgl. Six, Gleich & Gimmler, 2007, S. 21). Die Besonderheit der internen Organisationskommunikation liegt nun darin, dass die Kommunikation zwischen mindestens zwei Mitgliedern einer Organisation abläuft. Unsere Arbeitsdefinition lautet folglich:

Definition „Interne Organisationskommunikation“ Interne Organisationskommunikation umfasst sämtliche Prozesse zwischen zwei oder mehreren Organisationsmitgliedern, an denen diese als Sender (Kommunikator) und/oder als Empfänger (Rezipient) beteiligt sind und durch Zeichen direkt oder mithilfe von Medien in formellem oder informellem Rahmen miteinander in Beziehung treten.

Diese Definition zeichnet sich durch folgende Aspekte aus:
1. Interne Kommunikation bezieht sich ausdrücklich auf sämtliche Organisationsfor men – nicht nur auf (Wirtschafts-)Unternehmen.
2. Interne Kommunikation umfasst nicht nur die Übermittlung von Informationen (Zei chen), sondern darüber hinaus sämtliche Prozesse, die dabei eine Rolle spielen (vgl. auch Winterstein, 1998, S. 6). Das sind beispielsweise auch Antezedenzen (z. B. Wahl eines geeigneten Kommunikationsmittels) und Konsequenzen (z.B. Interpretation der Information) der Kommunikation.
3. Da Führungskräfte und Mitarbeiter sowohl Sender als auch Empfänger sein können, berücksichtigt die Definition sämtliche Richtungen des Informationsflusses (vgl. Abbildung 1.1).
4. Interne Kommunikation beinhaltet sowohl formelle als auch informelle Kommunikation, d. h. Kommunikation kann, muss aber nicht in von der Organisationsleitung oder der Führungskraft intendierten Formen ablaufen. ZumBeispiel können berufliche Aktivitäten in formellen Besprechungen, aber auch informell bei einem Restaurantbesuch nach Feierabend besprochen werden (vgl. hierzu auch Abschnitt 1.2 in diesem Kapitel sowie Kapitel 10).
5. Die Ziele interner Kommunikation sind nicht Bestandteil der Definition. Interne Kommunikation umfasst somit neben der Kommunikation, die ausschließlich der Erreichung von Organisationszielen dient (Führungskommunikation), auch die nicht zweckgebundene Kommunikation (z. B. Pausengespräche von Mitarbeitern über private Angelegenheiten).

1.2 Welche Formen kann interne Organisationskommunika­ tion annehmen und wie lassen sich diese systematisieren?

Folgt man unserer Arbeitsdefinition interner Organisationskommunikation, so gibt es unzählige Formen, wie Mitglieder einer Organisation direkt oder medial vermittelt miteinander kommunizieren. Typische Formen der direkten face-to-face Kommunikation sind Mitarbeitergespräche, Teambesprechungen, Vorstandssitzungen, Konferenzen, Workshops, Trainings, Betriebs-/Mitglieder-/Personalversammlungen und Pausengespräche. Typische Formen der medial vermittelten Kommunikation sind Mitarbeiterzeitungen, Briefe, E-Mails, Flyer, Plakate, Informationen an Informationswänden/Schwarzen Brettern oder in Schaukästen, Chats, Foren sowie rein redaktionell aufbereitete Informationsseiten im Intranet, Telefongespräche, Telefonkonferenzen, Corporate Audio, Videokonferenzen, Business-TV-Sendungen etc.

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