Grundlagen der Medizinischen Psychologie

Grundlagen der Medizinischen Psychologie

von: Elmar Brähler, Bernhard Strauß

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2012

ISBN: 9783840905773

Sprache: Deutsch

880 Seiten, Download: 4600 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Grundlagen der Medizinischen Psychologie



1. Kapitel Gegenstandsbereich und Geschichte (S. 3-4)
Christina Schröder

1 Zum Gegenstand

Im populären Verständnis ist „Medizinische Psychologie“ eine Psychologie unter anderen praktischen Psychologien und zwar eine für den ärztlichen Gebrauch. Dieses Verständnis impliziert, dass Ärzte psychologisches Wissen und psychologische Methoden für konkrete Fragestellungen und Problemlösungen innerhalb der Medizin und im Sinne des Patientenwohls nutzen. Eine solche Auffassung ist zunächst mehr als plausibel, denn Medizinische Psychologie ist auch nach interner Sicht von Experten eine angewandte wissenschaftliche Disziplin, der es primär darum geht, Kompetenzen hinsichtlich psychosozialer Aspekte der Medizin auszubilden und in die ärztliche Tätigkeit zu integrieren. Obwohl diese Auffassung damit ein wichtiges Ziel der Medizinischen Psychologie erfasst, greift sie zu kurz und wird dem tieferen Bedeutungsgehalt des Begriffes und der modernen Gestalt dieser Disziplin noch nicht gerecht. Es bleibt insbesondere offen, auf welcher wissenschaftlichen Basis – d. h. an welchem Gegenstand und nach welchen Standards – diese Erkenntnisse und Methoden gewonnen werden und wer und mit welcher fachlichen Autorität diese in die Medizin implementiert. Und es bleibt unklar, welchen Stellenwert diese spezifische Form der Psychologie im Fächerkanon der Humanwissenschaft Medizin einnimmt. Die Medizinische Psychologie lässt sich deshalb nicht pauschal auf eine „Psychologie für Mediziner“ reduzieren. Sie sollte aber ebenso wenig zur einzigen „Psychologie in der Medizin“ erklärt werden. Denn „zusammen mit Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Klinischer Neuropsychologie, Klinischer Psychologie und Verhaltensmedizin hat sie daran bloß Anteil“ (Huppmann, 1992a, S. 1).

Bereits eine so kurze Problematisierung macht deutlich, dass die Medizinische Psychologie in unübersichtlichen Beziehungsverhältnissen steht, nicht ohne Weiteres in das Wissenschaftssystem einzuordnen ist und ihre Gegenstandsdefinition auf jeden Fall Schwerpunktsetzungen und eine übergreifende Disziplinsicht verlangt. Aus diesem Grunde verzichteten in den letzten Jahren viele Lehrbuchautoren auf eine allgemeine und grundlegende Gegenstandsbestimmung. Sie beschränkten sich auf eine indirekte Gegenstandsbeschreibung anhand der inhaltlichen Abfolge des gültigen Gegenstandskatalogs des Unterrichtsfaches Medizinische Psychologie in der prägradualen Ausbildung von Humanmedizinern (z. B. Buser, Schneller & Wildgrube, 2003; Strauß, Berger, Troschke & Brähler, 2004). Auf dessen Entwicklung und Bedeutung wird weiter unten noch eingegangen. Eine Ausnahme von der Haltung, eine festlegende Gegenstandsdefinition zu vermeiden, bildet die Antwort auf die Frage „Was ist Medizinische Psychologie?“ im Lehrbuch von Gerber und Kropp (2007). Dort kann man lesen: „Sie ist jene Wissenschaftsdisziplin, welche Begriffe, Methoden, Beobachtungswissen und Theorien aller Bereiche der Psychologie bei der Analyse von Gesundheit und Krankheit anwendet. Ihr Erkenntnisinteresse richtet sich dabei auf psychologische, psychobiologische und psychosoziale Aspekte der Entwicklung und des Verlaufs von Krankheiten, ihrer Verhütung und der Förderung von Gesundheit sowie der Behandlung körperlicher und psychischer Erkrankungen“ (S. 12). Dieses Gegenstandsverständnis enthält drei unverzichtbare Bestandteile zur Charakterisierung des Wesens von Medizinischer Psychologie: (1) einen eindeutigen Verweis auf die Mutterdisziplin Psychologie, (2) die Aussage, dass der von ihr untersuchte Wirklichkeitsbereich alle psychologischen und mit psychologischen Prozessqualitäten assoziierten Aspekte von Gesundheit und Krankheit umfasst und (3) die implizite Aussage, dass sie ihr theoretisches und methodisches Rüstzeug einschließlich des interventiven Handelns in einem Gebiet außerhalb ihrer Mutterwissenschaft anwendet, das jedoch trotz seiner wesensbestimmenden Relevanz nicht näher benannt wird. Gesundheit und Krankheit werden hier zudem ausschließlich als überindividuelle Prozesse und nicht zugleich als konkrete Lebenssituationen von Individuen betrachtet. Damit erweist sich auch diese Auffassung als ergänzungsbedürftig.

Die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP) wurde 1979 gegründet und ist ein anerkanntes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland (AWMF) und u. a. für das Unterrichtsfach Medizinische Psychologie an den Medizinischen Fakultäten zuständig. Ihre Repräsentanten tragen in gegenstandstheoretischen Überlegungen deshalb vor allem dem Ort der gelungenen Anwendung und Institutionalisierung des Wissenschaftsgebiets und Ausbildungsfaches Rechnung. Die offizielle Selbstdefinition lautet: „Die Medizinische Psychologie ist ein eigenständiges Fachgebiet innerhalb der Humanwissenschaft Medizin. Sie ist in der medizinischen Forschung, der medizinischen Lehre und in der Patientenversorgung inhaltlich, organisatorisch und personell vertreten.“

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