Professionelle Konfliktlösung - Führen mit Mediationskompetenz

Professionelle Konfliktlösung - Führen mit Mediationskompetenz

von: Anita von Hertel

Campus Verlag, 2013

ISBN: 9783593419152

Sprache: Deutsch

328 Seiten, Download: 1995 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Professionelle Konfliktlösung - Führen mit Mediationskompetenz



Einleitung

Wenn ein Mensch, insbesondere einer, der sich großer Beliebtheit erfreut, einen Konflikt hat, eilen gern Kollegen, Freunde und Berater zu Hilfe. Was sie mitbringen, erinnert an eine Szene aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts:

Mein Großvater Johannes war Bauer, Bürgermeister und Schiedsmann. Er hatte Konflikte um Grenzsteine geklärt, um Erbauseinandersetzungen und sogar um Ziegen, die auf der falschen Weide grasten. Als er im Sterben lag, kam aus nahezu jeder Familie aus seinem kleinen Dorf Fölsen jemand zu ihm, der Pillen, Tropfen, Salben oder Ähnliches dabeihatte. Alle brachten die beste Medizin, die ihnen selbst einmal geholfen hatte - für die verschiedensten Körperteile. Und mein Großvater Johannes sollte sie unbedingt alle nehmen ...

Zwar hat sich ein drittel Jahrhundert später weltweit herumgesprochen, dass in der Medikation nicht alles allen hilft - in Konfliktsituationen ist es heute aber oft noch wie damals. Auch heute bringen uns unsere Freunde ihre beste persönliche Konfliktmedizin. Im schlimmsten Falle wird sie von Vorgesetzten sogar - ohne vorherige Diagnose - zwangsverordnet.

Wie ist es mit Mitarbeiterkonflikten? Wenn Teams effizient zusammengestellt sind, bestehen sie aus Menschen mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten. Dann können sie sich gegenseitig ergänzen, und je unterschiedlicher die Menschen sind, um so größer ist einerseits das Erfolgspotenzial. Andererseits steigt damit das Konfliktpotenzial. Wer als Führungskraft dafür sorgt, dass Menschen besser harmonieren statt sich zu zerfleischen, schafft ein Klima der erfolgreichen Zusammenarbeit. Wer Konflikte in der Mitarbeiterschaft nicht löst, hat mit sinkender Motivation und schlechten Ergebnissen zu kämpfen.

Als Führungskraft kann man hier viel richtig und noch mehr falsch machen:

oAls fast immer falsch erweist es sich, die Symptome zu unterdrücken, indem man die Mitarbeiter maßregelt. Beispiel: 'Sie hören jetzt sofort auf zu streiten!'

oImmer falsch ist es auch, an den Symptomen herumzukurieren. Beispiel: Der 'Streitschauplatz' ist ein geöffnetes oder geschlossenes Fenster, in Wirklichkeit geht es aber um Macht oder Anerkennung. Die Führungskraft entscheidet: 'Das Fenster wird jetzt auf Kippe gestellt und Sie gehen jetzt wieder an die Arbeit!

oManchmal notwendig, bisweilen aber lebensgefährlich kann es sein, wichtige Bedenken wegzuwischen. Beispiel: Ein Techniker spricht sich gegen den Start der Raumfähre Challenger aus, weil er die Temperaturen für zu kalt hält, um sicher zu starten. Es kommt zu einem Konflikt, der durch die Entscheidung der Führungskraft beendet wird. O-Ton: 'Nehmen Sie Ihren Ingenieurshut ab und setzen Sie Ihren Managerhut auf.'

Auch wenn Ihre Konfliktentscheidungen nicht gleich sieben Menschenleben und weltweite Reputation kosten, auch wenn es viele Situationen gibt, in denen wir Bedenken wegwischen müssen, um vorwärts zu kommen:

Wer Konfliktlösung als wichtige Führungsaufgabe begreift, der sollte

oprofessionell klären, was zu klären ist,

oherausarbeiten, worum es wirklich geht,

oklar entscheiden, was zu entscheiden ist,

onur dort beraten, wo tatsächlich ein Rat gebraucht wird.

Konsequenz: Ihre Mitarbeiter werden in ihrer Fähigkeit, Konflikte selbst zu lösen, immer selbstständiger und Sie können sich anderen Aufgaben zuwenden.

Ein Beispiel für den zügigen Einsatz der in diesem Buch vermittelten Fähigkeiten:

Der Abteilungsleiter entdeckt, dass sein Stellvertreter sich im Urlaubsplan genau zu der Zeit eingetragen hat, die der Abteilungsleiter im letzten Jahr wahrgenommen hatte und auch in diesem Jahr wieder nutzen wollte. Entdecken, sauer werden und den Stellvertreter zur Rede stellen geschehen fast in einem Atemzug. Der Stellvertreter handelt kompetent: Er lässt den Chef ausreden. Obwohl er sich selbst ärgert, weiß er, wie wenig Sinn es hätte, jetzt platt zu kontern. Er hört zu und ist dabei zu 100 Prozent präsent. Er trifft genau den richtigen Tonfall, um den Abteilungsleiter in seinem Ärger abzuholen. Er schafft es, ihn mit einer kleinen Frage aus seiner wütenden Haltung herauszuholen - und zu klären, was sie gemeinsam klären wollen. Innerhalb weniger Augenblicke sind die Positionen und Interessen ausgetauscht. Es stellt sich heraus, dass eine Urlaubsplanung möglich ist, die beide hundertprozentig zufrieden stellt. Das Gespräch hat insgesamt nicht einmal sechs Minuten gedauert. Jede einzelne Phase der professionellen Konfliktlösung war vertreten. Es ging so schnell, weil das Thema sofort angesprochen wurde und es gar nicht erst zu einer heftigen Eskalation kommen musste.

Die Möglichkeiten, sich in Konflikten zu verhalten, sind faszinierend groß. Sowohl für Inhouse-Konflikte als auch für externe Konflikte bietet Mediation für die konstruktive Konfliktklärung die geeigneten Werkzeuge. Was ist Mediation? Mediation ist nicht zu verwechseln mit Medikation - wenngleich es viele interessante Parallelen gibt.

Mediation heißt mehr als nur 'Vermittlung'. Mediation ist ein Verfahren zur Konfliktlösung, das Sicherheit gibt: Sicherheit, die durch Struktur, Haltung und dazu gehörende Instrumente entsteht. Die Fachdefinition lautet:

Führungskräfte können sich die Rosinen der Mediationskompetenz herauspicken und sie im Führungsalltag in einzelnen Elementen anwenden. Sie können unter Beachtung der Besonderheiten, die sich aus ihrer Rolle als Führungskraft ergibt, auch das gesamte Verfahren anwenden. Mit mediativer Struktur und Haltung und mediativen Instrumenten können Sie Ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, Brücken zu bauen, mit denen sie aus ihren Streitigkeiten herausfinden. So verwandeln sich Konflikte in das zurück, was sie eigentlich sind: in verunglückte Meldungen für Änderungsbedarf und Antriebskraft für neue Lösungen. So kann der Änderungsbedarf kanalisiert werden. Dann entstehen neue Resultate anstelle von Zerstörung. Das heißt: Die Mitarbeiter aus den bisherigen festgefahrenen Sackgassen herausführen - und in selbst gestaltete neue Wege hinein. Alle Fähigkeiten, die Sie dafür nutzen werden, bilden Ihre 'Mediationskompetenz'.

Mitarbeiter verlieren einen Teil ihrer Motivation durch destruktive Konflikte. Mit Mediationskompetenz stoppen Sie diesen Prozess. Sie verwandeln die in jedem Konflikt erkennbare Lernchance in Anpassung und Veränderung: In diesem Buch finden Sie alle Anwendungsebenen für Konfliktlösungen mit Mediationskompetenz, die Struktur, Übungen, Übersichten, Anleitungen, Anregungen und Fälle aus der Praxis.

Wenn Sie sich in Ihrer Organisation dem Thema Konflikte zuwenden, werden einige Ihrer Mitarbeiter vielleicht verschämt sagen: 'Nein, nein ... Konflikte ... haben wir nicht.' Konfliktbearbeitung ist vielen Menschen peinlich. Aber eigentlich sind es nur die Konflikte, die man nicht so gern zeigen mag - nicht ihre Lösungen.

Vielleicht erinnern Sie sich an die Zeit, als Kondome verschämt an der Supermarktkasse hinter der Butter versteckt wurden. Erst als die Werbung das Thema Peinlichkeit mit Humor aufgriff und Hella von Sinnen als ungenierte Kassiererin mit frecher Selbstverständlichkeit 'Was kosten die Kondooooooome?' quer durch den Werbefernseh-Supermarkt schreien ließ, vermeldeten Marktforscher und Kondomverkaufszahlen eine 'Entpeinlichung' des Themas. Wenn in Ihrer Organisation Konflikte noch 'peinlich' sein sollten, tun Sie sofort etwas dagegen, indem Sie sie offen ansprechen. Und dann erfreuen Sie sich an den Lösungen!

Denn mit erfolgreich bearbeiteten Konflikten im Rücken können Sie wieder die Ärmel aufkrempeln und - je nach Ergebnis - gemeinsam oder in neuen Konstellationen loslegen. Was meinen Sie, wie nützlich könnte das für Sie, für Ihre Mitarbeiter, Ihre Kollegen, Ihre Vorgesetzten und Ihre Organisation insgesamt sein?

Zum Schluss noch eine Anmerkung: Die Beispiele aus diesem Buch entstammen meiner Mediations- und Seminarpraxis, doch sind die meisten Namen und, soweit es notwendig war, auch Orte, Firmennamen und weitere Details verändert worden, um die Identität der Beteiligten zu schützen. Stellvertretend für sie werden in diesem Buch die Herren Kon und Flikt sowie die Damen Kon und Flikt ein ums andere Mal beispielhaft aneinander geraten. Dabei sind mir - wie könnte es bei einer Mediatorin anders sein - in der professionellen Konfliktlösung die männlichen ebenso lieb wie die weiblichen, die ich mal in männlicher, mal in weiblicher Form anspreche.

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