Führungsstark im Wandel - Change Leadership für das mittlere Management

Führungsstark im Wandel - Change Leadership für das mittlere Management

von: Alexander Groth

Campus Verlag, 2013

ISBN: 9783593420134

Sprache: Deutsch

239 Seiten, Download: 5242 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Führungsstark im Wandel - Change Leadership für das mittlere Management



Vorwort

Die Situation von Führungskräften im Wandel

Michael, Bereichsleiter in einem großen Konzern, sitzt erschöpft im Büro und starrt auf die gegenüberliegende Wand. Im Meeting mit seinen Abteilungsleitern gab es wieder einmal eine latent aggressive Diskussion über die Ursachen für den Stillstand im aktuellen Wandelprojekt. Er konnte deutlich die allgemeine Ratlosigkeit bei den Führungskräften, die ihm unterstellt sind, spüren. Die weltweite Einführung der neuen Software hat den ganzen Bereich an den Rand des Chaos geführt. Gestern hatte noch dazu seine beste Führungskraft gekündigt. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis jemand von den Guten ging. Wegen des Einstellungsstopps darf er diese Position vorerst nicht neu besetzen. Noch ein Problem mehr auf seiner Liste. Die anstrengenden Ereignisse der letzten Monate, die dauernden Überstunden und der Widerstand in der Belegschaft fordern ihren Tribut. Michael fühlt sich müde und ausgebrannt. Er weiß, dass er als Chef gerade in dieser schwierigen Zeit gegenüber den Mitarbeitern Zuversicht und Energie ausstrahlen sollte, aber die hat er nicht mehr. Der gesamte Veränderungsprozess scheint festgefahren. Ein Blick auf die Uhr zeigt ihm, dass er gleich einen Termin mit dem Betriebsrat hat, den er wieder einmal nicht vorbereiten konnte. Er seufzt und fragt sich, wie das Ganze nur weitergehen soll.

So wie Michael ergeht es vielen Managern in Wandelprozessen. Diese werden zwar häufig mit positiven Akronymen wie POWER, WIN und FUN etikettiert, aber genau das empfindet niemand bei der Umsetzung.

Es sind die folgenden fünf Probleme, mit denen mittlere Manager im Wandel meist zu kämpfen haben:

Innere Zerrissenheit?Der Manager hat die Aufgabe, die von oben vorgegebene Veränderung in seinem Bereich oder seiner Abteilung umzusetzen. Dabei soll er mit beispielhaftem Verhalten und positiver Energie als Vorbild vorangehen. Tatsächlich ist er jedoch oftmals selbst nicht von der Idee der Veränderung an sich oder von der geplanten Art der Umsetzung überzeugt. Vielleicht ist der Wandel sogar nur erforderlich, weil das obere Management in der Vergangenheit massive Fehler gemacht hat, deren bittere Konsequenzen nun die Mitarbeiter tragen müssen. Wie kann man solche Veränderungen glaubhaft und mit Elan vermitteln? Diese innere Spannung muss die Führungskraft aushalten. Zudem muss sie damit umgehen können, immer wieder der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein.

Druck von oben und unten? Mittlere Manager fühlen sich wie in einem Sandwich, weil sie von beiden Seiten Druck bekommen. Das obere Management will umfangreiche Veränderungen durchführen und hat meist unrealistische zeitliche Vorstellungen. Auf Verzögerungen reagiert es mit Unverständnis und einer Erhöhung des Drucks, um den Prozess zu beschleunigen. Die Mitarbeiter dagegen sehen überhaupt keine Veranlassung, sich zu ändern oder gut funktionierende Abläufe umzustellen. Selbst wenn sie einen Grund erkennen können, sind sie in der Umsetzung langsamer als in der Planung vorgesehen und verzögern damit den Prozess. Vom mittleren Manager erwarten sie, dass er ihre aus der Praxis abgeleiteten Änderungsanliegen nach oben hin durchsetzt und für einen realistischen Zeitrahmen sorgt. Gibt das mittlere Management den Druck, der von oben kommt, an sie weiter, reagieren sie verärgert und bremsen den Prozess bis zum Stillstand hin aus. Der mittlere Manager muss nun zwischen oben und unten vermitteln und mit dem richtigen Timing den Prozess manchmal beschleunigen und dann wieder entschleunigen.

Massiver Widerstand?Maßnahmen, die für die Mitarbeiter zum Teil nicht nachvollziehbar sind und daher als aufgezwungen erlebt werden, erzeugen Widerstand. Gefühle wie Angst, Zorn und Trauer sind aber nicht nur bei unangenehmen Wandelvorhaben verbreitet, sondern selbst bei Veränderungen mit positiven Auswirkungen für die Mitarbeiter. Sogar offensichtliche Gewinner von Wandelprojekten zeigen irrationalen Widerstand und blockieren die Umsetzung. Die Folge ist, dass trotz vieler Aktivitäten keine Ergebnisse erzielt werden. Viele Führungskräfte nehmen diesen Widerstand zwar wahr, können aber in der jeweiligen Situation die starken Emotionen der Mitarbeiter nicht verstehen und auch nicht damit umgehen. Sie glauben, dass Mitarbeiter sich zu Unrecht so verhalten, und nutzen ihre Machtposition, um sich durchzusetzen, weil sie selbst unter enormem Druck stehen. Damit erhöhen sie aber den Widerstand gegen das Vorhaben zusätzlich.

Fehlende Kompetenz?Um schwierige Prozesse wie Restrukturierungen oder sogar Personalabbau zu ma­nagen, brauchen Führungskräfte Wissen darüber, wie Gruppen und Einzelpersonen in Wandelprozessen emotional reagieren und wie sie damit umgehen können. Wer einmal die 'Logik der Emotionen' kennengelernt hat, wird von den scheinbar irrationalen Reaktionen der Mitarbeiter weniger überrascht sein und sich souveräner verhalten können. Durch geeignete Maßnahmen und die richtige Kommunikation lassen sich Widerstände bereits im Vorfeld reduzieren. Dieses Wissen wird aber in der Regel weder an der Universität noch in Change-Management-Seminaren gelehrt. Führungskräfte, die dieses Wissen vorbildlich in der Praxis umsetzen und von denen man es lernen könnte, gibt es in der Wirtschaft leider noch zu wenige.

Erschöpfung?Viele Führungskräfte fühlen sich durch zusätzliche Wandelprojekte stark überlastet. Die Entwicklungen der letzten zehn Jahre führten dazu, dass Manager heute auf derselben Position deutlich mehr leisten und mehr Verantwortung tragen müssen, als dies früher der Fall war. Der Zehn- bis Zwölf-Stunden-Tag ist mittlerweile bei den meisten Managern die Regel, nicht die Ausnahme. Viele arbeiten schon seit langem an ihrer eigenen und der familiären Belastungsgrenze. Schlaf, Bewegung und Entspannung sind seit Jahren auf ein Minimum reduziert. Durch den aktuellen Wandel wird der ohnehin schon sehr anspruchsvolle normale Arbeitsablauf massiv gestört. Gleichzeitig ergeben sich neue Aufgaben und viele unerwartete Probleme treten auf. Das bedeutet noch mehr Arbeitsstunden mit zusätzlichem Stress und eine Mehrbelastung für das Privatleben. Kommt dann eine Krise in der Beziehung, Probleme mit den Kindern, kranke Eltern oder ein Hausbau dazu, ist die Überforderung vorprogrammiert. Die Folge sind Erschöpfung, Gereiztheit, und psychosomatische Erkrankungen.

Sie als Führungskraft müssen mit all diesen Problemen umgehen, obwohl Ihnen - wie den meisten Führungskräften - das detaillierte Know-how dazu fehlt. Dieses Buch unterstützt Sie dabei, sich anhand vieler praktischer Beispiele das Wissen anzueignen, das Sie für Ihre Wandelvorhaben benötigen. Es orientiert sich dabei konsequent an den Bedürfnissen und Problemen von Führungskräften. Aus meiner langjährigen Arbeit mit Führungskräften aller Ebenen in tiefgreifenden Wandelprozessen weiß ich, dass die meisten immer wieder dieselben Fragen haben. Jeder dieser zehn zentralen Fragen ist ein Buchkapitel gewidmet:

1. Wieso gibt es immer mehr Wandelprojekte in immer kürzerer Zeit?

2. Warum verhalten sich die Mitarbeiter in Veränderungen oft irrational?

3. Wie gehe ich mit meinen eigenen Emotionen und denen meiner Mitarbeiter um?

4. Wie schaffe ich es, dass die Mitarbeiter losmarschieren?

5. Wie reagiere ich richtig auf Widerstand?

6. Wie manage ich das Übergangschaos, wenn der alte Zustand nicht mehr und der neue noch nicht funktioniert?

7. Wie schaffe ich es, dass ein Wandel dauerhaft verankert wird und nicht alle wieder in das alte Verhalten zurückfallen?

8. Wie kommuniziere ich im Wandel?

9. Wie gehe ich mit den offensichtlichen Verlierern einer Veränderung um?

10. Wie mache ich meinen Bereich dauerhaft wandelfähig?

Starten Sie am besten mit dem Kapitel, das Sie momentan am meisten beschäftigt. Die einzelnen Kapitel sind so angelegt, dass Sie diese unabhängig voneinander lesen können. Querverweise werden Ihnen dabei das Verständnis erleichtern. Dieses Buch wird Ihnen mit komprimiertem Wissen und praxisnahen Beispielen dabei helfen, Ihre Wandelvorhaben souverän in den Griff zu bekommen. Denn nur, wenn Sie als mittlerer Manager auch in unangenehmen Veränderungsprozessen aktiv die Führung übernehmen, werden Sie als ein gesuchter Change Leader langfristig erfolgreich sein und Karriere machen.

1. Die Flutwelle des Wandels

So kommt es zu immer mehr Wandel in immer kürzeren Abständen

Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt,

auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige,

die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.

Charles Darwin?(Britischer Naturforscher)

Als Führungskraft merken Sie es täglich: Der Wandel bestimmt Ihr Arbeitsleben immer häufiger. Während früher nach einer Neuorganisation für die Mitarbeiter eine mehrjährige Phase der Stabilität eintrat, steht heute sofort das nächste Projekt in der Warteschlange. Woran liegt es, dass Veränderungen in immer kürzeren Abständen umgesetzt werden müssen?

Der technologische Fortschritt verläuft exponentiell

Die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung erhöht sich seit Jahrhunderten kontinuierlich. Von der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern um 1450 bis zur Entwicklung der Dampfmaschine im aufkommenden Industriezeitalter vergingen circa 300 Jahre. Nach weiteren 150 Jahren waren viele Haushalte mit elektrischem Strom und Telefon versorgt. Nur 30 Jahre danach wurden bereits Automobile in Serie produziert, und nachdem die U-Bahn bereits seit einigen Jahrzehnten jährlich Millionen von Fahrgästen unter der Erde transportierte, bewegten sich die Menschen mit den ersten Passagierflugzeugen nun auch in der Luft. Verglichen mit der Geschwindigkeit, in der heute eine Erfindung die andere jagt, verlief die Abfolge technischer Erfindungen zunächst im Zeitlupentempo. Mittlerweile steigt unser Wissen exponentiell an. Folgende Aspekte spielen dabei eine maßgebliche Rolle:

Es gibt weltweit immer mehr Menschen mit einer wissenschaftlich-technischen Ausbildung. Während es um 1650 nur eine kleine Gruppe wissenschaftlich Gebildeter gab, stieg ihre Zahl von 1850 bis 1950 von einer auf zehn Millionen. Von 1950 bis 2000 wuchs ihre Zahl auf 100 Millionen.

Die steigende Computerleistung ermöglicht immer genauere Kalkulationen und Simulationen. Ein Supercomputer schafft heute über 100 Milliarden Rechenoperationen in der Sekunde!

Neue Messwerkzeuge erschließen bisher unerreichbare Forschungsdimensionen. Mikroskope machen bereits Details mit einer Größe von zehn Nanometern sichtbar. Ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter!

Die Wissensweitergabe an die weltweite Forschergemeinschaft erfolgt heute in Sekundenschnelle. Früher dauerte es Jahre, bis sich neue Forschungsergebnisse verbreiteten, heute passiert dies zum Teil in wenigen Stunden, und jeder kann die Informationen abrufen und damit weiterarbeiten.

Das Tempo, mit dem das Wissen der Menschheit zunimmt, beschleunigt sich unglaublich, wenn immer mehr Wissenschaftler mit immer besserer Technik und höherer Rechenleistung forschen und sich dann noch gegenseitig über die Ergebnisse informieren.

Wir Menschen passen uns dieser Entwicklung der Technik an, ohne uns aber der enormen Veränderungsgeschwindigkeit voll bewusst zu sein. Das liegt daran, dass wir nur einen Ausschnitt einer exponentiellen Kurve betrachten, sodass uns diese als eine Gerade erscheint. Der amerikanische Erfinder Raymond Kurzweil bezeichnet dieses Phänomen als den 'intuitive linear view'. Wir nehmen Wandel nur bedingt wahr, wenn wir diesem täglich ausgesetzt sind. Ähnlich geht es uns mit dem Wachstum von Kindern. Eltern nehmen dies kaum war. Ein Freund, der einmal im Jahr zu Besuch kommt, staunt dagegen, wie enorm die Kinder in dieser Zeit gewachsen sind. Wie schnell der technologische Wandel tatsächlich vonstatten geht, können Sie beispielsweise an den Dingen des täglichen Gebrauchs nachvollziehen. Vergleichen Sie doch einmal die Fähigkeiten Ihres Handys von vor zehn Jahren (also fünf Modellgenerationen zurück) mit Ihrem heutigen Smartphone. Oder überlegen Sie einmal, wie sich Ihr Leben und Ihre Arbeitsweise in den letzten zehn Jahren durch das Internet, Social Networks und 24-Stunden-Empfang verändert haben.

Die aktuellen Megatrends beeinflussen Ihr berufliches Umfeld

Die großen Trends haben einen Einfluss auf die Gesellschaft, die Unternehmen und Sie persönlich. Megatrends erfahren wir aber nicht unmittelbar, sondern zeitverzögert. Sehen wir uns in diesem Zusammenhang zwei Megatrends an, deren Auswirkungen Sie bereits seit geraumer Zeit deutlich spüren:

Megatrend 'Globalisierung'?Unternehmen sind nicht mehr national oder transnational, sondern weltweit aufgestellt. Das führt zu einem starken Wettbewerbsdruck. Große Branchen, wie zum Beispiel die Textil-, die Spielzeug- und die Elektronikindustrie, haben ihre Produktion fast vollständig ins Ausland verlagert. Im Inland verbleibende Unternehmen müssen schlank, effizient und kostengünstig produzieren, um überleben zu können. In vielen Unternehmen waren Restrukturierungen und Personalabbau die Folge. Ein Manager hat heute durch das Streichen ganzer Hierarchiestufen meist deutlich mehr Mitarbeiter zu führen und mehr Verantwortung zu tragen als die Kollegen noch vor zehn Jahren. Für viele Manager bedeutet die Globalisierung auch eine Zunahme von Geschäftsreisen nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch nach Übersee. Sie kämpfen regelmäßig mit den Folgen von Jetlag und Schlafmangel und halten wegen der Zeitverschiebung zu anderen Kontinenten Telefonkonferenzen auch am späten Abend oder in aller Herrgottsfrühe ab.

Megatrend 'Connectivity'?Immer mehr Menschen weltweit haben Zugang zum Internet und damit zu Informationen und Bildung. Das Internet dringt nach und nach in die entlegensten Winkel der Erde, aber auch immer weiter in unsere Privaträume vor. Mittlerweile haben wir rund um die Uhr Zugang zum Web und damit ins Büro. Selbst im Flugzeug kann man heute surfen, und man bekommt die E-Mails ins Meeting, nach Hause und in den Urlaub 'gepusht'. Die Konsequenz für den mittleren Manager ist eine Auflösung der Grenze zwischen Beruf und Privatleben. Das (im wahrsten Sinne des Wortes) Abschalten fällt vielen Managern schwer. Beide Megatrends haben eher negative Konsequenzen für das Familienleben.

Sie sehen an diesen Beispielen, dass die großen Trends Ihr Arbeitsleben nachhaltig beeinflussen. Da dies aber allmählich und nicht abrupt passiert, passen wir uns der Entwicklung fortlaufend an. Auch wenn wir uns der enormen Beschleunigung nicht andauernd bewusst sind, merken wir doch, dass unser Arbeitsleben immer fordernder und anstrengender wird. Viele Manager klagen, dass der Tag nur noch gefühlte 19 Stunden hat. Wie wird diese Entwicklung weitergehen?

Die Megatrends der nächsten Jahrzehnte weisen sowohl große Chancen als auch große Probleme für die Menschheit auf: Asien, Biotechnik, Connectivity, demografischer Wandel, Englisch, Frauen, Gesundheit, Globalisierung, Individualisierung, Klimawandel, Migration, Nanotechnik, Urbanisierung.

Bei vielen der aktuellen Megatrends können wir heute noch nicht absehen, mit welchen Veränderungen sie einhergehen werden:

Was verbirgt sich beispielsweise hinter der Nanotechnologie, der so viele eine faszinierende Zukunft vorhersagen? Stimmt es, dass sich mithilfe dieser Technik komplizierte Autoteile in einer Wanne mit Flüssigkeit wie durch Zauberei selbst zusammensetzen? Werden bald mikro­skopisch kleine Nanoroboter unsere Blutbahnen von Ablagerungen reinigen? Welche Konsequenzen hätte die Verbreitung dieser faszinierenden Technik für Ihren Arbeitsalltag?

Was bedeutet es, dass in China und Indien zusammengenommen mehr als 36 Prozent der Weltbevölkerung leben und beide Länder ein enormes Wirtschaftswachstum aufweisen? Welche langfristigen Folgen hat es, wenn in Deutschland pro Jahr 44 000 Ingenieure ausgebildet werden und allein in Indien und China zusammen über 700 000? Ist Europa tatsächlich eher auf dem Weg, 'zu einer Art Erlebnispark für reiche Asiaten und Amerikaner' zu werden als 'zur wirtschaftlich dynamischsten Region der Welt', wie der renommierte Zukunftsforscher John Naisbitt einmal sagte?

Welche Konsequenzen hat es, wenn das Verhältnis der 20- bis 65-jährigen Erwerbstätigen zu den 65-jährigen und älteren Rentnern in Deutschland 1995 bei 4:1, 2010 bei 3:1 lag und 2030 bei 2:1 liegen wird? Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf Ihr Berufsleben oder das Ihrer Kinder?

Einige dieser Themen beunruhigen uns, während wir von anderen eine Verbesserung der Lebensqualität erwarten. Aber ganz unabhängig von der Frage, ob die Veränderungen positiv oder negativ sind, werden sie einen starken Einfluss auf Ihr Arbeitsleben haben, und Sie werden sich an diese Veränderungen in Zukunft immer schneller anpassen müssen.

Sicher ist, dass der Wandel in Ihrem beruflichen Umfeld weiter zunehmen wird.

Wenn wir uns im Zusammenhang mit den Trends einmal die Entwicklung der letzten zehn Jahre ansehen, hat sich die Situation des mittleren Managers nicht unbedingt verbessert. Folgende Merkmale kennzeichnen das heutige Arbeitsumfeld gegenüber früher:

noch höhere Erwartungen an die Leistung,

längere Arbeitszeiten für Manager,

gestiegener Erwartungsdruck an kurze Reaktionszeiten durch 24-Stunden-Erreichbarkeit,

gesteigerte Komplexität der Arbeitsinhalte,

dauernder Wandel und eine damit verbundene Unruhe als Normalität,

noch mehr Übergriffe vom Berufs- in das Privatleben.

Positiv zu bewerten sind dagegen:

zum Teil spannendere Aufgaben mit mehr Entscheidungsbefugnis,

mehr Kontakte zu Menschen aus anderen Kulturen,

das Arbeiten in flacheren Hierarchien mit weniger Bürokratie und mehr Dynamik.

Da Sie in den letzten zehn Jahren wahrscheinlich Karriere gemacht und die Position öfter gewechselt haben, glauben Sie vielleicht, der mittlerweile höhere Druck sei auf diesen Aufstieg und die damit gestiegene Verantwortung zurückzuführen. Dies ist sicherlich richtig. Dennoch hat sich der Druck auf jeder einzelnen Ebene erhöht. Auch der einfache Mitarbeiter spürt das. Und aller Voraussicht nach wird dieser Trend sich fortsetzen.

Change leadership spielt in Zukunft eine Schlüsselrolle

Im internationalen Wettbewerb werden vor allem die Unternehmen und Manager Vorteile haben, die sich dem Wandel nicht nur schneller als andere anpassen können, sondern ihn sogar initiieren. Im mittleren Management wird für Sie die Fähigkeit unabdingbar, Ihre Mitarbeiter durch Phasen der Veränderungen zu führen. Damit wird Change Leadership zu einem ausschlaggebenden, vielleicht sogar zu dem entscheidenden Thema für Ihre berufliche Karriere als Manager. Change Leadership spielt in Zukunft eine Schlüsselrolle.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff 'Change Leadership' im Sinne dieses Buches, und was unterscheidet ihn von 'Change Management'? Während der Begriff Change Management meist die Begleitung des Wandels auf der Unternehmensebene meint, bezeichnet Change Leadership die Fähigkeiten, mit denen Sie Ihre Mitarbeiter ganz konkret durch den Wandel führen. In Büchern über Change Management, die sich meistens an Personaler und externe Berater richten, können Sie beispielsweise fast immer etwas über die Erstellung einer Vision und den Einsatz von Großgruppenveranstaltungen lesen. Sie als mittlerer Manager bekommen aber häufig die Vorgabe von oben, unangenehme Veränderungen wie zum Beispiel Kostenreduzierungen durchzuführen. Die Empfehlung, zu diesen Vorgaben eine Vision zu entwickeln, geht dann an Ihrer Realität im mittleren Management vorbei. Genauso wenig sinnvoll ist es für Sie, Großgruppenveranstaltungen durchzuführen. Für mittlere Manager sind andere Themen relevant, wie zum Beispiel der Umgang mit Emotionen und Widerstand oder die Kommunikation im Wandel. Diesen Fragen werden jedoch auch in umfangreichen Change-Büchern oft nur wenige Seiten gewidmet. Als Change Leader müssen Sie aber genau diese Themen beherrschen. Deshalb geht es in diesem Buch nicht um unternehmensweites Change Management, sondern um konkretes Change Leadership. Etwas formeller lässt sich der Begriff 'Change Leadership' wie folgt definieren:

Change Leadership ist die Fähigkeit, den Umgang mit vorhersehbaren kollektiven Emotionen zu planen und konstruktiv mit nicht vorhersehbaren individuellen Emotionen und dem daraus resultierenden Verhalten umzugehen.

Change Leadership hat also hauptsächlich mit Emotionen zu tun, es umfasst sowohl die Fähigkeit, mit Gefühlen umzugehen, als auch die Fähigkeit, diese aktiv auszulösen. Inzwischen gilt das in der Betriebswirtschaft weitverbreitete Bild des Menschen als 'Homo oeconomicus', dessen Verhaltensweisen rational gesteuert und damit klar vorhersagbar sind, als widerlegt. Die Gehirnforschung hat gezeigt, dass wir über 90 Prozent unserer Entscheidungen emotional treffen, um sie dann erst im Nachhinein vor uns selbst und anderen rational zu rechtfertigen. Gerade in Wandelprozessen, in denen Menschen gezwungen sind, sich selbst zu verändern, werden sehr starke Emotionen ausgelöst, die zu irrationalem Verhalten führen können. Hinter den zum Teil scheinbar unlogischen Handlungen steckt aber eine Logik der Gefühle, mit der wir uns im nächsten Kapitel beschäftigen werden.

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