Der Feind in meinem Büro. Die grossen und kleinen Irrtümer zwischen Chef und Mitarbeiter

Der Feind in meinem Büro. Die grossen und kleinen Irrtümer zwischen Chef und Mitarbeiter

von: Martin Wehrle

Econ Verlag, 2006

ISBN: 9783430195430

Sprache: Deutsch

243 Seiten, Download: 659 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Der Feind in meinem Büro. Die grossen und kleinen Irrtümer zwischen Chef und Mitarbeiter



Die verrückte Arbeitszeit (S. 63-64)

Gäbe es nicht eine Fessel namens Tarif: Die meisten Chefs würden ihre Mitarbeiter zu längerer Arbeitszeit verdonnern. Ist Deutschland ein »Freizeitpark«? Sind die Mitarbeiter nur Weltklasse im Urlaubmachen? Müssen Feiertage abgeschafft, Pausen gekürzt und die 50-Stunden-Woche wieder eingeführt werden? Oder leisten die Mitarbeiter schon jetzt Enormes? 1,6 Milliarden Überstunden schieben sie vor sich her, verzichten auf Pausen, opfern Urlaubstage. Und wenn sie mit ihrer Arbeit trotzdem nie fertig werden, sind die Personaldecken oft zu dünn und die Chefs zu chaotisch.

Und wie steht es mit Teilzeit- und Heimarbeit,Vertrauensarbeitszeit und Sabbatical: Sieht so die Zukunft der Arbeit aus (wie viele Mitarbeiter sagen) – oder eher ihr Niedergang (wie viele Chefs denken)?

Vertraust du mir, misstrau’ ich dir!

Früher lagen die Chefs noch mit der Stoppuhr auf der Lauer, um die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu kontrollieren. Am lieben Gott und an der Stechuhr kam keiner vorbei. Die Qualität eines Mitarbeiters wurde eher nach der Arbeitszeit als nach der Arbeitsleistung beurteilt. Mancher Lahme, der mit seinen Aufgaben einfach nicht fertig wurde, galt mit 50 Arbeitsstunden pro Woche als »hoch engagiert « – während sein Kollege, der in 38 Stunden das Doppelte schaffte, mit dem Stempel »Drückeberger« versehen wurde.

Mittlerweile werden die Stechuhren abgebaut, wird eine neue Ära der Arbeitszeit verkündet. Es gilt das Motto »Vertrauen führt«. Die Mitarbeiter sollen sich nicht mehr überwacht fühlen, nicht mehr als potenzielle Zuspätkommer, Zufrühgeher oder sonstige Faulenzer.

Das Zauberwort heißt »Vertrauensarbeitszeit«. Der Mitarbeiter kann kommen und gehen, wann er will. Er steht nicht mehr in der Pflicht, seine Stunden in der Firma abzusitzen, er muss nur die Arbeit so gut wie möglich machen. Egal wie, egal wann, egal wo. Wer Lust hat, kann den Vormittag auf dem Tennisplatz verbringen, seine Tochter von der Schule abholen, danach kurz in der Firma vorbeischauen, und am späten Nachmittag ins Kino gehen.

Gemessen wird nicht die Arbeitszeit – gemessen wird nur das Resultat der Arbeit. Wer zum Beispiel als Grafiker ein neues Layout entwickelt, der kann es tags oder nachts tun, in der Firma oder im Internet-Café, nüchtern oder (zu Hause) bei einer Flasche Rotwein: Entscheidend ist, was dabei herauskommt.

Dem Mitarbeiter öffnet sich ein neues Universum. Er ist nicht mehr gezwungen, sich dem Rhythmus der Firma anzupassen, beispielsweise als Langschläfer mit dem ersten Hahnenschrei ins Büro zu stolpern. Stattdessen kann er sich das Arbeitsleben nach seinen eigenen Vorlieben gestalten. So viel Freiheit motiviert! Die Mitarbeiter fühlen sich wie angestellte Unternehmer. Sie organisieren ihre Zeit selbstständig und achten streng auf die Qualität ihrer Arbeit. So weit die Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus?

Oft führt Vertrauensarbeitszeit dazu, dass der Käfig zwar offen steht – aber keiner will mehr ausfliegen!
In manchen Firmen hat sich durch die Vertrauensarbeitszeit nichts verändert – außer dass die Mitarbeiter jetzt abends noch länger an ihren Schreibtischen sitzen und ihre Überstunden nicht mehr bezahlt bekommen. Solange die Zeit erfasst wurde, stand kein Mitarbeiter in der Beweispflicht; seine Stunden und Überstunden wurden dokumentiert, seinem Chef blieb kein Raum für Verdacht.

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