Die heimliche Medienrevolution - Wie Weblogs, Wikis und freie Software die Welt verändern

Die heimliche Medienrevolution - Wie Weblogs, Wikis und freie Software die Welt verändern

von: Erik Möller

dpunkt, 2006

ISBN: 9783936931365

Sprache: Deutsch

248 Seiten, Download: 3486 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Die heimliche Medienrevolution - Wie Weblogs, Wikis und freie Software die Welt verändern



3 Die Blogosphäre (S. 113-114)

»In gewisser Weise repräsentieren Blogs das Web, wie es von Anfang an gedacht war: ein Massenmedium, kontrolliert durch die Massen, in dem jeder gehört wird, der etwas zu sagen hat und den Schneid, es zu sagen.«– »Meet Joe Blog«, TIME Magazine, 13. Juni 2004

Im November 2005 gab es nach Schätzung des Unternehmens InternetWorld- Stats.com weltweit 972 Millionen Internetnutzer.1 Zumindest theoretisch ist jeder dieser Nutzer in der Lage, über eine virtuelle Seifenkiste Millionen von Menschen zu erreichen. Die mit Abstand beliebteste Plattform zur regelmäßigen Online-Meinungsäußerung sind Weblogs. Dieses Kapitel untersucht das Phänomen und erklärt kurz, wie Sie ohne Programmierkenntnisse selbst ein Weblog aufsetzen oder das mächtige Content-Management-System Drupal auf Ihrem Server installieren und konfigurieren.

Der Begriff »Weblog« wurde erstmals 1997 von Jorn Barger verwendet, der das Blog »Robot Wisdom« betreibt. Barger bezeichnete damit Websites, die in umgekehrt chronologischer Reihenfolge auf andere Seiten verweisen. Anfang 1999 sprach sich der Weblogger Peter Merholz dafür aus, Weblog »Wee-Blog oder kurz ›Blog‹« auszusprechen.

Schon die erste Website überhaupt, info.cern.ch, war ein Weblog. WWWErfinder Tim Berners-Lee publizierte dort regelmäßig Links auf neue Fundstellen im noch überschaubaren Web. Der erste Link im ersten Weblog zeigte auf die SPIRES-Datenbank für Preprints aus dem Bereich der Hochenergiephysik. Diese Datenbank gibt es immer noch, wenn auch unter einer anderen URL.4 Ein Preprint ist ein noch nicht von anderen Wissenschaftlern geprüftes Paper. Der Prüfungsprozess dauert einige Zeit, so dass Forscher sich mit Hilfe der Preprints schon vorab über die neuesten Entwicklungen informieren können – eine wichtige Errungenschaft des World Wide Web.

Die Explosion des Web in den folgenden Jahren brachte eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze zur Katalogisierung des mehr und mehr einem Gemischtwarenladen gleichenden Angebots hervor. Die Stanford-Studenten David Filo und Jerry Yang begannen im Februar 1994 damit, einen großen Link-Katalog aufzubauen. Schon bald wurde daraus das Internetportal Yahoo!, das rückblickend als Archetyp der Dot-Com-Firma gelten kann.5 Diverse Online-Magazine veröffentlichten in regelmäßigen Abständen Rezensionen interessanter Websites, und mehr und mehr Privatpersonen taten dasselbe.

Zu diesen Pionieren gehörte Carolyn Burke aus Toronto, die im Januar 1995 den ersten Eintrag in ihr »Online-Tagebuch« schrieb.6 Darin verlinkte sie auf einen Website-Katalog und bewarb ihren Webdesign-Service. Burkes Tagebuch war also gleichzeitig auch ein Weblog, was deutlich macht, dass eine klare Differenzierung unmöglich ist. Ihre Website verzeichnete zu Spitzenzeiten 100.000 Zugriffe pro Woche. Carolyn Burke war auch eine Mitarbeiterin des Interpedia-Projekts, das einen ersten Versuch darstellte, über das dezentrale Diskussionsnetz Usenet eine von Freiwilligen geschriebene Enzyklopädie zu schaffen (vgl. Kapitel 4).

3.1 Slashdot

Im September 1997 schlug der College-Student Rob Malda aus Holland, Michigan in den USA ein neues Kapitel in der Geschichte der Weblogs auf. Nur auf der Basis freier Software entwickelte er das Weblog Slashdot.org, das sich zunächst kaum sichtbar von den bereits vorhandenen Tagebüchern und Blogs unterschied. Auf Slashdot veröffentlichte Malda, der sich »CmdrTaco« (das »Cmdr« steht für »Commander«) nennt, »Neuigkeiten für Nerds«. Gemeint sind damit neue Releases des Linux-Kernels, Anime-Zeichentrickfilme, die Machenschaften des Microsoft-Konzerns, interessante Open- Source-Projekte, Entwicklungen im Bereich der Online-Gesetzgebung usw. Mit anderen Worten, Slashdot begann als Ein-Mann-Postille für Geeks und Nerds: Systemadministratoren, Software-Entwickler, Hardware-Bastler, Film- Fans und Zocker.

Heute verzeichnet Slashdot rund vier Millionen Besuche bzw. 86 Millionen Pageviews pro Monat (Stand Januar 2006). Die eigentlichen Slashdot-»Artikel « sind in der Regel nur etwa einen Absatz lang und verweisen auf andere Websites, so dass jede Meldung zu einem zeitlich auf wenige Stunden konzentrierten Ansturm auf die referenzierte Adresse führt. Schon mancher Web-Server wurde durch diesen »Slashdot-Effekt« lahm gelegt.

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