Biologische Grundlagen psychischer Störungen
von: Thomas Köhler
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2019
ISBN: 9783840928277
Sprache: Deutsch
345 Seiten, Download: 2616 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
3 Psychotrope Substanzen und assoziierte Störungen
3.1 Überblick
In der ICD-10 werden neun Hauptgruppen psychotroper Substanzen unterschieden, beispielsweise Alkohol, Opioide, Sedativa, Halluzinogene oder Psychostimulanzien. Diesen Substanzen ist gemeinsam, dass sie auf Verhalten und Empfinden wirken und zwar so, dass sie von vielen Personen ohne medizinische Notwendigkeit wiederholt eingenommen werden. Oft resultiert ein regelrechter Substanzmissbrauch unter Inkaufnahme körperlicher und psychischer Schäden, materieller Verluste und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Kommt es zur Abhängigkeit, kann der Konsum nicht oder nur unter Schwierigkeiten, evtl. unter Entwicklung starker körperlicher Symptome, aufgegeben werden. Nicht zu den psychotropen Substanzen in dieser Definition zählen zahlreiche Psychopharmaka, die, wie Antipsychotika oder Antidepressiva, in der Regel nur auf ärztliche Veranlassung genommen werden.
Mit der Einnahme psychotroper Substanzen sind eine Reihe von Syndromen assoziiert, die von einfacher Intoxikation unmittelbar nach Konsum („Rausch“) bis zu schädlichem Gebrauch, Abhängigkeitssyndrom, Entzugssymptomatik und diversen schwereren psychischen Beeinträchtigungen (etwa amnestischem Syndrom) reichen. In der ICD-10 wird die die psychische Störung verursachende Substanz mit F und einer zweistelligen Zahl kodiert, z. B. 10 für Alkohol (vgl. Tab. 11), 11 für Opioide, die Art der Störung mit einer weiteren Zahl an dritter Stelle, beispielsweise 0 für akute Intoxikation, 1 für schädlichen Gebrauch. Entsprechend wird akute Alkoholintoxikation mit F10.0 verschlüsselt, schädlicher Gebrauch von Alkohol mit F10.1; akute Opioidintoxikation wäre analog mit F11.0, schädlicher Gebrauch von Opioiden mit F11.1 zu kodieren.
Die nachfolgende Darstellung gliedert sich nach den psychotropen Substanzen, wobei gebräuchlicheren und in ihren Eigenschaften besser erforschten mehr Raum gegeben wird. Zu Beginn finden sich Angaben zur Gewinnung des Produkts, zu Applikationsformen, zur Verstoffwechselung und zu den Wirkmechanismen. Die unmittelbaren und langfristigen Wirkungen sowie mit dem Konsum assoziierte Störungen kommen zusammen mit ihren biologischen Korrelaten zur Darstellung,